„Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (2024)

Zweiter Weltkrieg „Operation Cäsar“ 1945

Mit Konstruktionsplänen und 65 Tonnen Quecksilber an Bord startete U 864 im Februar 1945 Richtung Japan. Ein britisches U-Boot ortete den Transport. Vor der Küste Norwegens kam es zum Kampf.

| Lesedauer: 5 Minuten

Von Florian Stark

„Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (1) „Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (2)

Anzeige

Dass der gefährlichste Feind des U-Boots ein U-Boot sein kann, machte der Thriller „Jagd auf Roter Oktober“ des US-Bestsellerautors Tom Clancy bekannt. In der Verfilmung mit Sean Connery in der Rolle des überlaufenden sowjetischen Kommandanten (1990) liefern sich drei U-Boote ein packendes Duell unter Wasser, in dem scharfe Torpedos eine entscheidende Rolle spielen.

Anzeige

Der erste Zweikampf dieser Art fand am 9. Februar 1945 vor der Küste Norwegens statt. In der Dokumentation „Von der Keule zur Rakete – Die Geschichte der Gewalt: Krieg zur See“ analysiert ZDFinfo am Dienstagabend das Scheitern eines der geheimsten Unternehmen der deutschen Marine im Zweiten Weltkrieg. Bei dem Versuch, strategische Güter und Pläne nach Japan zu transportieren, wurde U 864 von einem britischen U-Boot geortet und mit einem Torpedo versenkt.

„Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (3)

U 864 unter dem Kommando von Korvettenkapitän Ralf-Reimar Wolfram war ein Langstreckenboot vom Typ IX D2. Die Weiterentwicklung dieses Vorkriegsmodells zeichnete sich durch vergrößertes Volumen (getaucht 1800 Tonnen) und gesteigerte Reichweite (23.700 Seemeilen) aus. Damit wurden Fahrten bis in den Indischen Ozean möglich, wo die Japaner in Malaya und Indonesien Basen unterhielten.

Anzeige

Da die neu entwickelten Fern-U-Boote vom Typ XXI und XXIII, die aufgrund ihrer leistungsfähigen Akkus und Schnorchel weitgehend getaucht operieren konnten, noch nicht einsatzbereit waren, wurden IX-Boote auf dieser Route eingesetzt. Schließlich war es die einzige Möglichkeit für Hitler und seine fernöstlichen Verbündeten, Güter auszutauschen. Zwischen Juli 1944 und Januar 1945 schafften sechs U-Boote strategisch wichtige Rohstoffe wie Zinn, Kautschuk oder Wolfram aus dem japanischen Herrschaftsgebiet in das wankende Dritte Reich.

Im Gegenzug sollte U 864 technisches Know-how nach Japan schaffen. Um dem ebenfalls bedrängten Bündnispartner ein Mittel gegen die amerikanische Luftoffensive zu bieten, waren Konstruktionspläne der deutschen Düsenjäger Me 262 und Me 163 an Bord, außerdem Teile für Flugzeugmotoren sowie 1857 Flaschen des in Japan seltenen Quecksilbers, rund 65 Tonnen, das für Zünder gebraucht wurde. Die Besatzung zählte 70 Mann sowie drei Ingenieure, die die Japaner schulen sollten.

Lesen Sie auch

„Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (4)

Düsenjäger Me-262

Der Tag, an dem Hitler den Luftkrieg verlor

Wolframs U-Boot sollte vom norwegischen Bergen auslaufen, sich einen Weg durch die alliierten Sperren suchen, dann Kurs auf den Indik nehmen und sich bis Malaya durchschlagen. Als Waffen waren 22 Torpedos an Bord, außerdem wurde ein Schnorchel für längere Unterwasserfahrt nachgerüstet. Nach Verzögerungen wurde schließlich der 7. Februar 1945 als Starttermin festgesetzt. Die Geheimaktion erhielt den Decknamen „Operation Cäsar“.

Anzeige

Was die Deutschen zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Längst hatten die Briten den deutschen Funkcode geknackt. Sie wussten daher, dass das Unternehmen vorbereitet wurde, und brachten ihrerseits U-Boote an der angenommenen Route von U 864 in Stellung. Eines davon war die „HMS Venturer“ unter dem Kommando von Lieutenant James H. Launders.

Lesen Sie auch

„Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (5)

Kampf gegen Enigma

Abkürzungs-Listen entschieden den U-Boot-Krieg

Die „Venturer“ war Typschiff der V-Klasse, einer Baureihe von wendigen, einfach konstruierten U-Booten, die von der Royal Navy für den küstennahen Einsatz entwickelt worden waren und nicht einmal halb so groß wie U 864 waren. Launders und seine 36 Mann starke Crew hatten Erfahrung in der Jagd nach feindlichen U-Booten. Im November 1944 konnten sie im Andfjord in Nordnorwegen U 771 während seiner Überwasserfahrt versenken.

Nun legte sich Launders bei der Insel Fedje auf die Lauer. Er hatte Glück, denn auf U 864 machte sich bereits kurz nach dem Auslaufen ein lärmender Maschinenschaden bemerkbar. Damit aber war das deutsche Boot für das englische Sonar leicht zu orten. Kapitän Wolfram entschied daher, das Unternehmen abzubrechen und nach Bergen zurückzulaufen.

Anzeige

Anzeige

Um mögliche Verfolger abzuschütteln, wählte Wolfram einen Zickzackkurs. Der aber geriet symmetrisch, sodass Launders den Kurs von U 864 berechnen konnte. Kurz bevor das deutsche Boot in die Sicherheit des Byfjords gelangte, schoss er drei Torpedos in Richtung der mutmaßlichen Position von Wolfram ab, die dieser in zwei Kilometer Entfernung erreicht haben würde. Der deutsche Kommandant aber erkannte die Projektile mit seinem Sonar und befahl Alarmtauchen, sodass die Torpedos über ihn hinweg schossen.

„Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (6)

Seinen vierten Torpedo feuerte Launders auf Gutdünken in die Richtung ab, in der er U 864 nach dem Wegtauchen vermutete. Nach etwa vier Minuten vernahm er eine Detonation, gefolgt von kleineren Explosionen. Als die „Venturer“ aufgetaucht die Stelle passierte, zeugte ein charakteristischer Ölteppich vom Untergang von U 864. Keines der 73 Mitglieder an Bord hatte überlebt.

Doch mit der militärischen Auszeichnung von Launders war die Geschichte noch nicht zu Ende. Im März 2003 ortete ein Minenräumer der norwegischen Marine das Wrack in 150 Meter Tiefe unweit der Insel Fedje. Untersuchungen zeigten, dass das Boot in zwei große Teile auseinandergebrochen war. Die noch darin befindlichen Torpedos erwiesen sich dabei als die kleinere Gefahr. Vor allem die 65 Tonnen des hochgiftigen Quecksilbers machten U 864 zu einer tickenden Zeitbombe.

Ein Sarkophag aus Sand und Steinen

Das Seegebiet um das Wrack wurde zum Sperrgebiet erklärt, das Fischen dort verboten. Dann begann die Debatte: Sollte das Wrack gehoben werden oder – wie der explodierte Atommeiler von Tschernobyl – mit einem regelrechten Panzer wie in einem Sarg eingeschlossen werden?

Am Ende setzten sich die Befürworter einer Sarkophaglösung durch. Bei einer Bergung würde die Gefahr eines weiteren Auseinanderbrechens drohen, bei dem auch andere Giftstoffe unkontrolliert in die Umwelt gelangen könnten. Das letzte Geheimunternehmen von Hitlers Kriegsmarine soll unter 35.000 Tonnen Spezialsand und 160.000 Tonnen Steinen begraben werden.

Sie finden „Weltgeschichte“ auch auf Facebook. Wir freuen uns über ein Like.

„Operation Cäsar“ 1945: So verlief das erste Unterwasser-Duell zwischen U-Booten - WELT (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Kareem Mueller DO

Last Updated:

Views: 6542

Rating: 4.6 / 5 (66 voted)

Reviews: 89% of readers found this page helpful

Author information

Name: Kareem Mueller DO

Birthday: 1997-01-04

Address: Apt. 156 12935 Runolfsdottir Mission, Greenfort, MN 74384-6749

Phone: +16704982844747

Job: Corporate Administration Planner

Hobby: Mountain biking, Jewelry making, Stone skipping, Lacemaking, Knife making, Scrapbooking, Letterboxing

Introduction: My name is Kareem Mueller DO, I am a vivacious, super, thoughtful, excited, handsome, beautiful, combative person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.